Die Große Anakonda (Eunectes murinus)
Die Große Anakonda gehört zur Familie der Boas und gehört hier in die Unterfamilie der Boaschlangen. Es sind keine Unterarten der Eunectus murinus, welche eine von vier Anakonda-Arten ist, mehr anerkannt. Die Große Anakonda gehört zu den größten Schlangenarten.
Inhaltsverzeichnis
Erscheinungsbild der Großen Anakonda
Die Grundfärbung dieser Vertreter der Riesenschlangen kann von olivgrün bis bräunlich beschrieben werden. Auffallend sind die Körperzeichnungen: So kommen verschieden viele schwarze Flecken auf dem Rücken vor, die mehr oder weniger rund ausfallen. Diese können ein helles Zentrum aufweisen, aber auch komplett schwarz sein. An den Seitenlinien verfügt die Große Anakonda über Augenflecken, die ein gelbes Zentrum aufweisen. Zusätzlich sind an den Seiten, hinter den Augenflecken, noch mehr oder weniger rote, weiße, orange, olivgrüne oder braune Felder durch schwarze Seitenlinien eingegrenzt. Die Bauchseite ist hingegen hellgelb oder cremefarben, einzelne Schuppen können schwarz gefärbt sein. Dabei kommen Linienbildungen und gänzlich unregelmäßige Muster vor.
Der Hals der Tiere ist kaum ausgebildet, sodass der Kopf sich nicht deutlich vom restlichen Köper absetzt. Augen und Nasenlöcher befinden sich auf der Oberseite des Kopfes, was mit der Lebensweise der Großen Anakonda zusammenhängt. Insgesamt ist der Kopf recht klein. Der Schwanz nimmt hingegen um die 15 Prozent der gesamten Körperlänge ein, was unter den Boas ungewöhnlich ist.
Insgesamt ist die Große Anakonda sehr kräftig gebaut. Die Weibchen werden insgesamt größer und
deutlich schwerer als die Männchen. Ein erheblicher Geschlechtsdimorphismus liegt also vor. Bezüglich
der Körperlänge und des Maximalgewichtes gibt es noch keine abschließende Quellenlage. Jedoch zeigte
eine Studie aus Venezuela, dass geschlechtsreife Männchen im Mittel 2,63 m lang waren (zwischen 1,88
und 3,34 m) und geschlechtsreife Weibchen im Mittel 3,70 m (zwischen 2,43 und 5,17 m).
Deutlich
längere Exemplare der Großen Anakonda wurden allerdings gefunden. Auch gibt es verschiedene Häute,
die auf Längen über acht Meter verweisen. Die längste gefundene Haut, welche vermutlich nicht durch
Menschenhand gestreckt wurde, ist 8,9 Meter lang. Erzählungen sprechen auch von größeren Exemplaren,
wobei davon ausgegangen wird, dass Längen über sieben Meter bereits Ausnahmen sind. In der
Gefangenschaft bringen es die Weibchen regelmäßig auf über fünf Meter Länge.
Das Gewicht unterliegt einem noch deutlicheren Geschlechtsdimorphismus. So wogen die Männchen der aufgeführten Studie im Mittel 7,5 kg, die Weibchen hingegen wogen im Mittel 32,6 kg. Exemplare mit knapp hundert Kilogramm Körpergewicht wurden gefunden, einige Exemplare erreichen in Gefangenschaft Gewichte von bis zu 130 kg. Die Große Anakonda ist also die schwerste Schlange der Welt, wobei unter optimalen Bedingungen auch noch höhere Gewichte möglich sind.
Verbreitungsgebiet
Eunectus murinus lebt ausschließlich in Südamerika östlich der Anden. Sie ist dabei vom Orinoko- und Amazonasflusssystem bis hin zum Rio Paraná und Río Paraguay verbreitet. Damit ist sie auf der Hälfte Südamerikas beheimatet und ist zugleich die am weitesten verbreitete Anakonda-Art.
Lebensraum
Die Große Anakonda benötigt Wasser, um zu leben. So kommt sie vor allem an und in Flüssen, in Sumpfgebieten und Stillgewässern vor. Dichte Vegetation und eine ausreichende Feuchtigkeit sind eine Bedingung, die sie zur Besiedlung stellt. Dabei siedeln sich Exemplare auch an künstlich verursachten Wasserstellen an - beispielsweise an gefluteten Bergbaugruben, angelegten Weihern und in Gärten mit ausreichenden Wasserflächen.
Lebensweise und Ernährung
Die Große Anakonda verbringt den Großteil ihres Lebens im Wasser, wo sie sich oftmals
regungslos treiben lässt oder auf Beute lauert. Gelegentlich erklimmen die Tiere auch höher
gelegene Stellen, um sich zu trocknen oder aufzuwärmen. An Land bewegt sich die Schlange
dabei behäbig.
Im Wasser kommen der Großen Anakonda ihre hoch gelegenen Nasenlöcher und
Augen zugute. Hier jagt sie und kann sich flink bewegen. Aktiv angreifen tut die Würgeschlange
dabei kaum. Stattdessen erwartet sie vorbei schwimmende Beute oder ergreift solche Tiere,
die sich zu nah ans Wasser wagen. Mangels Gift erdrosselt die Große Anakonda ihre Opfer,
indem sie sich in ihnen verbeißt und selbst die Blutzirkulation der Beute durch das kräftige
Umschlingen zum Erliegen bringt.
Dabei zählen Vögel, (kleine) Kaimane, andere Schlangen und kleinere Exemplare der eigenen Art, Capybaras (Wasserschweine), Fische, Weißwedelhirschjunge und andere kleinere Säugetiere zum Beutespektrum. Auch hier ist der Geschlechtsdimorphismus deutlich: Männchen fressen vorwiegend Vögel, während große Weibchen Reptilien und größere Beutetiere bevorzugen.
Der Lauerjäger verschlingt seine Beute anschließend mit dem Kopf voran. Je nach Größe dauert es mehrere Wochen, bis die Beute verdaut ist. Anschließend ist ein mehrmonatiges Fasten möglich. Weibchen vor der Paarungszeit ernähren sich hingegen besonders reichhaltig, um die nötigen Energiereserven für die Fortpflanzung bilden zu können.
Fortpflanzung
Die Große Anakonda pflanzt sich abhängig von der Witterung fort. In Venezuela geschieht dies mit dem Beginn der Trockenzeit zwischen März und Mai. In anderen Regionen kann dies entsprechend früher oder später im Jahr stattfinden. Die Weibchen kopulieren mit bis zu 13 Männchen, wobei eine steigende Größe des Weibchens zu mehr Männchen im Schlangenknäuel führt. Dabei versuchen die Männchen, sich gegenseitig zu verdrängen und die Kloake des Weibchens zu erreichen. Trotz dessen, dass hier ein Konkurrenzkampf stattfindet, paaren sich die Weibchen dennoch mit mehreren Männchen. Die Männchen der Großen Anakonda paaren sich hingegen nur mit einem Weibchen pro Paarungssaison.
Die Große Anakonda ist lebendgebärend: Nach sechs bis acht Monaten kommt der Wurf zur Welt,
die Größe des Weibchens entscheidet hier über die Wurfgröße. Zwischen 18 und 72 Jungtiere
in einem Wurf wurden bereits beobachtet. Die Jungschlangen sind zwischen 70 und 90
Zentimeter lang und wiegen maximal 400 Gramm. Dabei kann das Lebendgewicht aller frisch
geborenen Jungschlangen einen erheblichen Anteil des Gesamtgewichtes der Mutter ausmachen.
So entspricht das durchschnittliche Geburtsgewicht eines Wurfes knapp 40 Prozent des
Gewichtes des Weibchens nach der Geburt.
Dies bedeutet, dass circa 30 Prozent der
Körpermasse eines schwangeren Weibchens dem Nachwuchs zuzurechnen sind. Hinzu kommen
die angelegten Reserven.
Der entsprechend hohe energetische Aufwand für die Fortpflanzung geht bei der Großen Anakonda mit einer Paarung alle zwei Jahre einher.
Fressfeinde
Es gibt zwei nennenswerte Fressfeinde der Großen Anakonda: Jaguare und Kaimare. Letztere erbeuten vor allem junge Exemplare der Schlange. Jaguare stellen in dem Lebensbereich der Großen Anakonda, der eben auch von den Raubkatzen bevorzugt wird, den Spitzenprädator dar.
Gefährdung und Schutz
Es gibt keine gesicherte Datenlage zur Gefährdung der Großen Anakonda. Aber ihre weite Verbreitung und ihre angepasste Lebensweise lassen den Schluss zu, dass sie ungefährdet ist. Offiziell ist sie in keiner Liste gefährdeter Arten enthalten.
Der Handel mit der Schlange ist in Südamerika größtenteils verboten oder eingeschränkt. Importierte und gehaltene Exemplare müssen gemeldet werden. Sie sind für die häusliche Haltung aufgrund ihrer Größe (und des Futtertierbedarfs) ungeeignet.